Erinnerungen des Leichlingers Albert Engels

Aus Geschichte Leichlingen
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Aus den Erinnerungen des Leichlingers Albert Engels ( 1911 - 2006 )


Das erste Flugzeug

Leichlingen, in den Jahren 1917-1918

Wir spielten an Giessens Teich und fingen Stichlinge, als plötzlich ein Militärflugzeug (Doppeldecker) im Tiefflug Richtung Wupperwiese über uns hinwegflog. Es war nur ein Flieger drin. Wir warfen alles beiseite und rannten los. Die großen Jungs liefen quer durch die Wupper, die Kleineren über die Wupperbrücke hinter Simons Fabrik. Auf Kremers Weide waren schon hunderte Menschen versammelt, welche den Flieger Fritz Horst und sein Flugzeug bestaunten. Wir Kinder sahen zum ersten Mal ein Flugzeug aus der Nähe. Nach ca. 30 Minuten startete die Maschine wieder. Der Flieger Horst hatte seinen Eltern ( dem Hauptlehrer Horst) einen kurzen Besuch gemacht.


1921 Unfall und Rettung damals

Wir Kinder spielten damals gern in der Nähe der Simons Fabrik. Es war ca. 1921. Nach einem starken Sturm waren einige Äste an den Bäumen er Akazienallee abgebrochen, hingen aber noch oben fest. 2 Jungs, die Feuerholz sammelten, bemühten sich diese Äste herunter zu ziehen. Hilfsbereit steckte ich ein Beil in den Gürtel und kletterte auf einen Baum. Zu meinem Unglück brach ein kleiner Ast, auf dem ich stand, ab und ich rutschte abwärts. Ich spürte einen Stoß gegen meinen Unterkiefer. Es stellte sich heraus, dass ein daumendicker Ast meinen Unterkiefer und die Zunge durchbohrt hatte. Ich rannte nach Hause un mit Mutter ging es dann zum Arzt. Kein Fall für mich war sein Kommentar. Wieder nach Hause, waschen und anziehen… Mittlerweile war ich schon so geschwächt, dass mich 2 Freunde stützen mußten und ich in einem kleinen Handwagen zum Bahnhof gefahren werden mußte. Das Krankenhaus in Opladen war die nächste Station. Im Krankenhaus bemühten sich 3 Ärzte, bei nur örtlicher Betäubung, das Holzstück zu entfernen. Doch es hieß wieder: “Kein Fall für uns.” Weiter ging es nach Köln - Mülheim, mit er Straßenbahn in das Dreikönigenhospital. Dort gab es einen Spezialisten..Dr. Müller. Am nächsten Morgen wurde unter Vollnarkose operiert. Schon wegen der Ernährung waren die 3 Wochen im Krankenhaus eine schöne Zeit. Fleisch und Weißbrot gab es dort jeden Tag, bei uns zu Hause nur Sonntags.


Klimbim in Leichlingen 1970er Jahre

Die ganze Klimbim-Familie drehte hier Episoden der ersten deutschen Comedy-Serie. Mit dabei Ingrid Steeger und Elisabeth Volkmann. Drehorte waren die Ortschaft Balken mit dem Lokal “Zur Kutsche” und die Balker Aue. Eines der Requisiten, eine riesige Glocke, zierte noch lange den Giebel des Lokals. 1975 fand dann ein Fußballspiel in der Balker Aue statt. Die Klimbim-Familie gegen die Wampen - Elf aus Leichlingen …das Spiel endete mit einem 3:1 für das Filmteam.


Erinnerungen in der Zeit während des 1. Weltkriegs

Wir Kinder lernten, was hungern heißt. Es fehlte meist am Nötigsten. Ich erfuhr damals schon, dass unsere Mutter die letzte Schnitte Brot an uns Kinder verteilte und selbst hungrig schlafen ging. Es war für uns kein Trost, wenn Bürgermeister Klein barfüßig durch Leichlingen lief und ein Stück Steckrübe aus der Hand verzehrte. Wir hatten immer Hunger. Wir lernten auch das Barfußlaufen, weil wir keine Schuhe hatten. Vom Frühjahr bis zum Herbst mußte es eben ohne Schuhe gehen. Der Küster und der Schuhhändler hatten Schuhe in der Kirche versteckt. Schulerlebnisse 1911 und 1919 Wir Schüler mußten zur Rettung des Krieges ( 1WK.) unseren Beitrag leisten, indem die ganze Klasse zum Eicheln- und Bucheckersammeln in die Wälder um Leichlingen ausschwärmte. Die größeren Schüler mußten langstielige Brennnesseln sammeln. Die Fasern der Brennnesseln wurden in Uniformstoffen verwebt. Die vier Klassen hatten jeweils 60 - 70 Schüler. Unsere Lehrerin war Frl. Ida Kotthaus, welcher wir 6 Jahre treu blieben. Im sechsten Jahr war die Respektsmoral gleich Null. Die Hälfte der Jungen hatte den Vermerk: “Versuchsweise versetzt” im Zeugnis. dann kamen wir zum Hauptlehrer Siebel. Er spielte Geige und sein Lieblingsfach war Singen. Wir sangen im Unterricht aus unseren Liederbüchern, welche wir vom Volkschor Concordia mitbrachten. Ungefähr 15 - 20 gute Stimmen aus dem Kinderchor sangen in unserer Klasse die dreistimmigen Volkslieder. Bei gutem Wetter öffnete Lehrer Siebel die Fenster, damit die Leute auf der Straße unseren Gesang mitbekamen. Als 1919 die englischen Besatzer unsere Schule als Quartier benutzten, zog unsere Schule in die Mittelstraße. Im Hause Geller ( Teppichweberei ) war im Obergeschoß ein Webraum für unseren Unterricht ausgeräumt worden. Da für die Pausen kein Schulhof zur Verfügung stand, spielten wir auf der Mittelstraße. Nach einem halben Jahr wurden wir ins Pastorat und dann in die katholische Volksschule Kirchstraße umquartiert. Dort kamen wir dann mit den armen Klosterkindern zusammen. Es waren meist Waisenkinder, die immer Hunger hatten. Da wir zu Hause zum Teil Selbstversorger waren, gab mir meine Mutter ein zusätzliches Pausenbrot für die Klosterkinder mit.


Mein erstes und schönstes Weihnachtsfest

Als ich drei Jahre alt war, brach der erste Weltkrieg aus. Am ersten Mobilmachungstag mußte unser Papa als Soldat an den französischen Kriegsschauplatz. Mutter war mit uns vier Kindern alleine. Papa bekam jahrelang keinen Heimaturlaub. Mutter holte mich an Heiligabend aus dem Bett und ich durfte beim Schmücken des Weihnachtsbaumes helfen. Dann klopfte es an der Haustür und herein kam ein Soldat in einer schäbigen abgenutzten Uniform. Der Soldat hatte auch einen schwarzen Vollbart. Das sollte also mein Papa sein? Ich hatte Angst vor ihm. Er hatte uns Bilder geschickt, auf dem ein Esel vor einen Karren gespannt war. Als Papa hörte, dass ich mich für den Esel interessierte, sagte er: “ Wenn der Krieg vorbei ist, braucht die Kompanie den Esel nicht mehr und ich bringe ihn Dir mit.” Als der Krieg ein Ende fand, war ich sieben Jahre alt und schon in der Schule und interessierte mich nicht mehr für einen Esel. Langsam gewöhnte ich mich an den Papa. Als er seine Geschenke auspackte war die Freude groß. Papa hatte seine Rauchwaren, denn er war Nichtraucher, gegen Süßigkeiten bei seinen Kameraden eingetauscht. Süßigkeiten und Papa daheim bei uns… Es war für uns Kinder das schönste Weihnachtsfest und blieb unvergessen.